Zahlreiche Staaten haben am Ende des 20. Jahrhunderts den Wechsel
von Sozialismus und Zentralverwaltungswirtschaft zu Demokratie und
Marktwirtschaften vollzogen. Das unterlegene Wirtschaftssystem wurde
durch ein leistungsfähigeres ersetzt und damit die Grundlage für
eine bessere Bedürfnisbefriedigung der Menschen in diesen
Gesellschaften geschaffen. Im Zuge dieser Transformationsprozesse
veränderten sich die Einkommensverhältnisse und das politische
Machtgefüge in den betroffenen Ländern in aller Regel tiefgreifend.
Einkommensunterschiede erreichten in Einzelfällen unerwünscht hohe
Ausmaße, was die Wiederwahl pro-marktwirtschaftlich eingestellter
Regierungen und damit den Fortbestand der marktwirtschaftlichen
Wettbewerbsordnung gefährdet.
Derartige Situationen begründen für die Regierung ein Dilemma:
Einerseits hängt ihre Wiederwahl von der Zufriedenheit der Wähler
mit den Einkommensverhältnissen ab, was durch Umverteilungsmaßnahmen
sichergestellt werden kann. Andererseits darf die
marktwirtschaftliche Wettbewerbsordnung nicht durch sozialpolitische
Maßnahmen untergraben werden. Diese Arbeit untersucht daher, durch
welche institutionellen Regelungen dieses Dilemma gelöst werden
kann.
Eingangs werden die Besonderheiten von Transformationsprozessen
theoretisch und die Entwicklung der Einkommensverteilung empirisch
dargestellt. Die Befunde belegen, dass derartige Dilemmata
tatsächlich existieren. Um geeignete institutionenökonomische
Lösungen für das Dilemma entwickeln zu können, werden die
Einflussmöglichkeiten der verschiedenen polit-ökonomischen Gruppen
auf die Transformationspolitik aufgezeigt. Anschließend wird die
Dilemmasituation mit Hilfe der Spieltheorie abgebildet, wodurch eine
gezielte Analyse und Anpassung der Anreizstrukturen der
Transformationsgewinner und -verlierer möglich wird.
Die theoretischen Lösungsansätze werden anschließend auf die Ukraine
und Bulgarien angewandt. Basierend auf 53 Experteninterviews, die
vor Ort geführt wurden, werden für beide Länder Situationsanalysen
durchgeführt und daraus Schlussfolgerungen für ein geeignetes
Dilemmamanagement gezogen. In beiden Fällen erscheint es möglich,
die marktwirtschaftliche Wettbewerbsordnung durch die theoretisch
aufgezeigten Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen
demokratisch legitimieren zu können. Die Arbeit schließt mit einer
Übertragung der Ergebnisse auf die Bundesrepublik Deutschland und
liefert so Argumentationshilfen für die Durchführung sozialpolitisch
kritischer Reformen.