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Schriften zur Rechtswissenschaft, Band 46

Gasdurchleitung auf der Grundlage des neuen kartellrechtlichen Zugangstatbestandes
Thomas Müller

ISBN 3-931319-64-4
212 Seiten

Die Möglichkeit für dritte Unternehmen, fremde Infrastrukturen und Leitungswege mitbenutzen zu können, hat in den neunziger Jahren im Zusammenhang mit der Liberalisierung vor allem der Telekommunikations- und Energiemärkte eine überragende Bedeutung für die Beseitigung überkommener staatlicher oder staatlich gewährter Monopole bekommen. Neben der Implementierung spezialgesetzlicher Mitbenutzungstatbestände wie etwa dem Durchleitungstatbestand für Elektrizität hat ein sektorenübergreifender allgemeiner sog. Zugangstatbestand Eingang in das deutsche Kartellgesetz gefunden. Mit dem zum 1.1.1999 neu eingeführten Regelbeispiel in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB, der der sog. "essential facilities doctrine" der EU-Kommission nachgebildet wurde, betritt der deutsche Gesetzgeber dogmatisches Neuland.

In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob auf der Grundlage dieses Zugangstatbestands eine Durchleitung von Gas kartellrechtlich erzwungen werden könnte. Besondere Aktualität erhält diese Frage insofern, als bislang ein spezialgesetzlicher Durchleitungstatbestand für Gas nicht vorhanden ist.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht zunächst die Frage, welcher Markt als relevant für die Ermittlung einer beherrschenden Stellung anzusehen ist. Dabei wird gezeigt, daß statt auf den Markt für Durchleitungsleistungen auf den umkämpften Markt für Versorgungsleistungen abzustellen ist. Auch ist das Vorliegen einer beherrschenden Stellung nicht in herkömmlicher Weise nach den Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite zu ermitteln, sondern danach, ob es beliebigen potentiellen Wettbewerbern des Leitungsinhabers möglich ist, auch ohne die begehrte Mitbenutzung auf dem Versorgungsmarkt tätig zu werden. Zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals wird vor allem auf die Rechtsprechung des EuGH in den Entscheidungen "Magill" und "Bronner" eingegangen. Aus der Bronner-Doktrin heraus entwickelt der Verfasser das Konzept der Unrentabilität eines fiktiven Zweitsystems.

Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit bildet die Prüfung der Mißbräuchlichkeit einer Verweigerungshandlung, die sich letztlich auf die Frage der zulässigen Rechtfertigungsgründe beschränkt. Auf die inhaltliche Ausgestaltung des vertraglichen Mitbenutzungsverhältnisses als eine der schwierigsten Fragen zu dieser Thematik wird abschließend nur kurz eingegangen werden.